Eine Radfahrt, wenige Kilometer den Neckar hinauf, als politische Bildungsreise und als Erlebnis für Menschen, denen Geschichte und Gerechtigkeit wichtig sind: Das war das Angebot der Ludwigsburger Stolperstein-Initiative am 8. Juli 2023. Die Fahrt ging zum Standort des künftigen MahnDenkMals, das an die Opfer der in Ludwigsburg mörderisch aktiven NS-Militärjustiz erinnern wird.
Bei extremer Hitze nahm eine kleine Gruppe Interessierter teil, insgesamt waren es rund zwei Dutzend, die sich an den verschiedenen Stationen informierten und ins Gespräch kamen.
Über den Neckarweihinger Maler Fritz Ketz informierte Roland Schmierer vom Bürgerverein Neckarweihingen. Er zeigte anhand einiger Bilder von Fritz Ketz dessen grundlegende Ablehnung des NS-Systems und des Kriegs,:
Weil seine Eltern sich ein Kunststudium für den begabten Sohn nicht leisten konnten, verpflichtete er sich mit 18 Jahren für 12 Jahre bei der Reichswehr, wo er eine Ausbildung als Militärzeichner und -kartograph bekam- und die Option, nach Ende der Soldatenzeit Geld für für ein Studium, in seinem Fall an der Kunstakkademie zu erhalten.
1929 wurde er in Ludwigsburg stationiert und nahm bereits neben der Arbeit beim Miilitär Unterricht bei Malern in der Region. Ab 1932 wohnte er in Neckarweihingen, wo er sich ein Haus gebaut hatte, eine 1933 geschlossene Ehe wurde 1941 geschieden. War er anfangs Mitglied der NS-strukturierten "Reichskammer der bildenden Künste", wurden seine künstlerischen Arbeiten immer kritischer gegenüber dem von den Nazis angezettelten Krieg und seiner Verantwortlichen. Wer 1942 ein Bild wie "Der Heimkehrer" malte, konnte auf keine Unterstützung des stattlichen Kunstberiebs mehr hoffen.
Ketz wurde 1944 denunziert und vernichtete einen Großteil seiner Arbeiten, um sich zu schützen, die restlichen Blätter trug er in einem Koffer bei sich. Ketz lebte zeitweise in Stuttgart und illegal bei Freunden auf der Schwäbischen Alb.
Die Landschaftsaquarelle der späten Jahre zeigen ein expressiven und dynamischen Stil. 1983 starb Fritz Ketz in Pfullingen.
2008 widmete das Städtische Museum Ludwigsburg dem Künstler eine umfassende Ausstellung.
Der Neckarweihinger Bürgerverein mahnt für ihn seit Jahren eine Ehrung im Stadtteil, seiner Wahlheimat, an.
Grußwort von Wolfram Scheffbuch, Deutsche Friedensgesellschaft / Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG/VK); Gruppe Ludwigsburg:
ich grüße alle ganz herzlich im Namen der Deutschen Friedensgesellschaft -Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. DFG-VK, mein Name ist Wolfram Scheffbuch und ich bin Sprecher der Gruppe Ludwigsburg.
Dort vorne, wo wir nachher hinfahren, im Schießtal, sind kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges Dutzende Männer von der mörderischen NS-Militärjustiz hingerichtet worden. Deserteure und Widerstandskämpfer aus besetzten Regionen verloren hier ihr Leben. Daran soll künftig das MahnDenkMal Schießtal erinnern. Es bringt das Schicksal der jungen Soldaten, die doch nur dem Krieg entfliehen wollten, ins örtliche Bewusstsein.
Das Deserteursdenkmal im Schießtal ist ein wichtiges Projekt, es ist ein gutes Projekt und es ist auch ein aktuelles Projekt. Die Menschen, die sich dem Morden des zweiten Weltkrieges entzogen haben, haben nicht nur ihre eigene Haut gerettet, sondern sie haben auch andere Menschen auf der gegnerischen Seite vor Tod, Verstümmelung und Leid bewahrt. Natürlich, die Motive zur Desertion waren vielleicht egoistisch, waren vielleicht durch die eigene Angst vor der Front, durch die Furcht vor Tod und Entbehrung geprägt. Aber menschlich gesehen haben die Deserteure richtig gehandelt, sie haben sich dem unnatürlichen Hass und Töten entzogen.
Ja, die Deserteure damals haben ein Zeichen gesetzt. Wenn es Soldaten gab, die sich der unvergleichlich unmenschlichen Hitler-Armee entzogen haben, dann wird es auch überall Deserteure geben, in jeder Armee der Welt. Und das ist gut so.
Wir sollten diese Menschen anerkennen und ehren, die Deserteure sind die wahren Helden der Kriege.
Krieg ist die unterste Ebene, auf der die Menschheit ankommen kann. Auf den Schlachtfeldern existieren Menschenrechte und Menschenwürde nicht. Deshalb können auch keine Kriege für Menschenrechte und Menschenwürde geführt werden. Auch Verteidigungskriege sind nicht gerecht. Keine Staatsordnung der Welt ist es wert, dass für sie Menschen getötet und verstümmelt werden. Welche Anmaßung eines Staates ist es, von seinen Soldaten zu verlangen, fremde Menschen Schmerzen zuzufügen und mit mit Kugeln und Granatsplittern zu durchbohren?
Wie verständlich ist es doch, wenn Menschen dann Nein sagen und den Kriegsdienst verweigern - Wie verständlich ist es, wenn die Soldaten in den Schützengräben angesichts der entfesselten Gewalt an der Front die Truppe verlassen und desertieren.
Deserteure hatten es nicht nur früher, sondern haben es auch in der heutigen Zeit schwer:
zum Beispiel in Russland: Die russischen Behörden halten eine große Zahl von Soldaten und Mobilisierten in einer Reihe von Zentren in den von Russland kontrollierten Gebieten der Ukraine fest, weil sie sich weigern, am Kriegseinsatz in der Ukraine teilzunehmen. Berichten zufolge setzen die russischen Behörden Drohungen und Folter ein, um die Inhaftierten zur Rückkehr an die Front zu zwingen. Im September letzten Jahres verabschiedete die Staatsduma Änderungen des Strafrechts zu Desertion und unerlaubter Entfernung. Die neuen Paragraphen sehen härtere Strafen für diese Handlungen während Mobilisierung oder eines Kampfeinsatzes vor.
zum Beispiel in der Ukraine: Seit dem Kriegsbeginn und der Generalmobilmachung ist Männern zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise aus der Ukraine nur noch mit Sondergenehmigungen erlaubt. Es wird auf breiter Ebene rekrutiert. Mit der Generalmobilmachung wurde auch das ohnehin eingeschränkte Recht auf Kriegsdienstverweigerung ausgesetzt. Etliche Kriegsdienstverweigerer wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
zum Beispiel in Eriträa. Das Land ist eine repressive Diktatur; Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. Männer, Frauen und manchmal sogar Kinder werden in den Nationaldienst mit unbegrenzter Dauer zwangsrekrutiert und dort schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Aktuell sind mehrere Tausend Personen willkürlich und ohne Anklage sowie unter unmenschlichen Bedingungen in Haft. Berichte internationaler Organisationen dokumentieren, dass Deserteurinnen oder Deserteure und Wehrdienstverweigernde inhaftiert und gefoltert werden.
Wir sollten Kriegsdienstverweigerer und Deserteure unterstützen. Und wenn sie zu uns nach Deutschland kommen, sollten sie Schutz und Asyl bekommen. Das muss eine Selbstverständlichkeit sein.
Für uns ist klar, dass wir all diejenigen unterstützen, die sich auf welcher Seite auch immer dem Grauen des Krieges entziehen, die sich verweigern, die desertieren.
Wenn wir hier in Ludwigsburg ein Deserteursdenkmal bekommen, dann ist das ein Zeichen, dass die Zivilgesellschaft hier Deserteure unterstützen will, dass Deserteure Vorbilder sind.
Deshalb freuen wir uns, dass es die Initiative für das Deserteursdenkmal in LB gibt und dass die Vorbereitungen schon so weit gediehen sind, dass es einen Entwurf und einen Standort gibt. Wir als DFG-VK-Gruppe wünschen dem Projekt Erfolg, eine rasche Verwirklichung und dass viele Menschen in Ludwigsburg und Umgebung sagen werden: Die Soldaten, die sich dem Krieg entziehen, das sind die wahren Helden, überall!
Beitrag von Walter Mugler, Stolperstein-Initiative Ludwigsburg: Ludwigsburg beherbergt seit der Gründung in früher herzoglicher Zeit im 18. Jahrhundert als Residenzstadt Württembergs eine Garnison und galt in dieser Zeit als das „schwäbische Potsdam“, bis in den 1990er Jahren die Soldaten der Bundeswehr und der US-Army die Kasernen die Stadt verließen. Während des Zweiten Weltkrieges war Ludwigsburg sowohl Ort der Militärgerichtsbarkeit wie auch Hinrichtungsstätte. Mindestens 26 Todesurteile wurden wegen „Wehrkraftzersetzung, Desertion oder Verstoß gegen die KSSVO (Kriegssonderstrafrechtsverordnung)“ ausgesprochen und vollzogen. Weitere fünf Deserteure, die durch Kriegsgerichte von in Ludwigsburg stationierten Einheiten verurteilt worden waren, wurden im Lichthof des Landgerichts in Stuttgart hingerichtet. Außerdem wurden in Ludwigsburg 17 belgische und 25 französische Widerstandskämpfer hingerichtet. Weitere drei belgische und vier französische Widerstandskämpfer starben im Gefängnis, als sie auf ihre Hinrichtung warteten.All diesen Opfern soll mit einem MahnDenkMal gedacht werden, das in räumlicher Nähe zum Schießplatz, an dem die Exekutionen vollzogen wurden, direkt hier am Neckartal-Radweg aufgestellt werden wird. Der Skulptur-Entwurf wählt aus gestalterischen Gründen 13 Pfeile für die beispielhafte Darstellung der Opfer aus verschiedenen Opfergruppen. Die Pfeile weisen aus der Richtung ihrer Heimatorte auf die Pfahlmitte. Sie enden, wo ihr Leben endete: hier. Es sind fünf Pfeile beispielhaft für die 26 deutschen Soldaten • Fritz Göthel aus Nossen in Sachsen, 23 Jahre alt • Karl Heise aus Gönningen bei Reutlingen, 18 Jahre alt • Karl Lenkheit aus Hamburg-Altona, 47 Jahre alt • Eduard Michelsen aus Dalwin/Westpreußen - heute Polen, 31 Jahre alt • Kurt Schröder aus Kossabude/Westpreußen heute Polen, 22 Jahre alt Die letzte Exekution in Ludwigsburg wurde noch am 10. April 1945 im Favoritepark an einem 19jährigen Grenadier aus Siegburg ausgeführt - da stand die französische Armee schon bei Vaihingen/Enz. Das Alter der in Ludwigsburg hingerichteten Soldaten lag bei ihrem Tod zwischen 18 und 47 Jahren. 15 von ihnen waren unter 26 Jahre alt, davon fünf unter 20 Jahre. Viele der erschossenen jungen Männer waren ledig, als eine gnadenlose Militärjustiz sie zum Tod verurteilte. Mit den Hinrichtungen sollten weitere Zweifler abgeschreckt und zum Weiterkämpfen gezwungen werden. Die Militärgerichtsbarkeit verurteilte weit mehr Menschen zum Tode als die (zivile) NS-Sonderjustiz – also z.B. der Volksgerichtshof und die Sondergerichte. Viele Desertionen von angeklagten Soldaten wurden als „unerlaubte Entfernung“ „getarnt“, um die weit strengere Bestrafung wegen Fahnenflucht zu vermeiden. Es war nicht von vornherein entschieden, dass Hitlers Credo: „Ein Soldat kann sterben, ein Fahnenflüchtiger muss sterben“ auch in jeden Fall umgesetzt wurde. Gerade in Ersatz- und Ausbildungsabteilungen des Ersatzheeres war das unerlaubte Fernbleiben von der Truppe nichts Außergewöhnliches. 17 der 26 in Ludwigsburg hingerichteten Soldaten waren unter 25 Jahre alt - 18 dienten zuletzt in Ausbildungs- und Ersatz-Einheiten. Die Militärhistoriker*innen haben bei der Entwicklung der Desertionszahlen deutliche Zusammenhänge zwischen der militärischen Lage an der Ostfront und dem Anstieg der Fahnenfluchten herausgearbeitet: Bereits bei der ersten Krise im Winter 1941/42 stiegen die Zahlen an, um dann bei Stabilisierung der Lage 1942 wieder zu fallen; nach Stalingrad schließlich erhöhten sie sich um ein Vielfaches. Vergleichbares können wir in Ludwigsburg nachvollziehen: 1942 wurden vier, 1943 zwei, 1944 fünfzehn und in den ersten Monaten des Jahres 1945 noch fünf Soldaten (der letzte im April) hingerichtet. Interessant ist auch die Verteilung der Desertionen zwischen Ersatz- und Feldheer. Während des gesamten Krieges desertierten erheblich mehr Soldaten aus dem Ersatzheer als aus dem Feldheer an der Front. Das bedeutet: Die Erzählung vom feigen Soldaten, der in der konkreten Kampfsituation seine Kameraden im Stich lässt und sich „davonmacht“, findet in den Zahlen keine Bestätigung. Die Gründe für Desertionen waren selten ausdrücklich politisch, religiös oder moralisch motiviert. Viele wollten sich eher der aktiven Einbeziehung des sinnlosen Kriegsgeschehens ganz oder auf Zeit entziehen. Gründe waren • Kriegsmüdigkeit • Abneigung gegen das Töten • Abneigung gegen militärischen Drill • Angst ums eigene Leben • Heimweh • Sorge um Angehörige/geliebte Personen Die Verhandlung vor einem Kriegsgericht fand vor drei Richtern statt, wobei der Vorsitzende ein Militärjurist und die beiden anderen Richter Soldaten waren. Einer der beiden Beisitzer war Offizier, der andere sollte den gleichen Rang wie der Angeklagte haben. Die Urteilsfindung kam formell durch Mehrheitsbeschluss zustande. Dabei war die Mehrheit der Vorgesetzten schon zahlenmäßig gewährleistet. Deshalb (das zeigen auch Berichte von Zeitzeugen) haben sich die „Mannschafts-Richter“ i.d.R. nicht für die Angeklagten einsetzen können. Meist waren die Sachverhalte unter den Offizieren schon vorbesprochen und vor-verurteilt., wenn die „Mannschafts-Richter“ in die Verhandlung einbezogen wurden. Ein Angeklagter durfte sich zur Anklage äußern und hatte „das letzte Wort“ in der Verhandlung. Ob ein Verteidiger zugelassen wurde, stand im Ermessen des Gerichtsherren. Der Gerichtsherr war der jeweilige Oberbefehlshaber der Einheit. In den Urteilen, die aus anderen Orten zugänglich sind, ist festzustellen, dass in den Todesurteilen oft auch Standesdünkel und soziale Klassenunterschiede zum Ausdruck kommen. Einige der Hingerichteten (auch der in Ludwigsburg Hingerichtete) hatten Vorstrafen für Delikte der Armen (Diebstahl, Betrug, KZ-Haft als sog. „Asoziale“ o.ä.). Dies wurde von den Richtern ausdrücklich strafverschärfend gewertet und damit ausschlaggebend für die Todesstrafe - wo in anderen Fällen eine Gefängnisstrafe verhängt wurde. Ein bisher unerforschtes Thema ist dabei auch die „Täter“-Seite, d.h. die Geschichte der Richter, die i.d.R. nach Kriegsende wieder in der Justiz weiter Karriere machen konnten. So ist z.B. ein Richter, der einige Monate Im Wehrmachtsgericht der Division 465 in Ludwigsburg auch an Todesurteilen beteiligt war, in der Nachkriegszeit Vorsitzender Richter eines Senats am Bundesarbeitsgericht geworden. Hans Filbinger hat es gar bis zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg gebracht. Erst 1998 wurden die Strafurteile der NS-Zeit aufgehoben, ausdrücklich ausgenommen waren dabei aber noch Urteile gegen Homosexuelle, Deserteure, Wehrdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer. Im Jahr 2002 wurden dann im Bundestag gegen die Stimmen der Union und der FDP auch die Urteile gegen Deserteure und Homosexuelle aufgehoben und im Jahr 2009 schließlich mit den Stimmen aller Parteien auch die Urteile wegen „Kriegsverrats“. Ein spätes, ein zu spätes Anerkenntnis. Welche Folgen dies für die betroffenen Familien der Opfer zeigt eine berührende Mail eines Enkels an die Stolperstein-Initiative:„Die Hinrichtung meines Großvaters hatte weitreichende Folgen, die bis in meine Generation der Nachfahren spürbar ist. Da mein Großvater als Deserteur hingerichtet wurde, fiel die staatliche Unterstützung für die Hinterbliebenen weg. Daher war die Mutter mit -zum Zeitpunkt des Todes des Vaters- 7 minderjährigen Kindern mittellos. Die Kinder wurden der Mutter genommen und einige wurden in Waisenhäusern untergebracht. Andere wiederum kamen zu 'Pflegeeltern', wo sie teils wie Sklaven gehalten und schwere Arbeit verrichten mussten. Auch bis lange nach dem Kriege, denn die Kinder waren ja untergebracht. Ein Onkel konnte erst mit dem Erreichen der Volljährigkeit in den 1960 er Jahren den Hof der sog. Pflegeeltern verlassen. Jedenfalls waren die Kinder stigmatisiert als Kinder eines Volksverräters. Tatsächlich waren die Kinder somit Willkür und Gewalt ausgesetzt-auch in den Heimen. Es war niemand da, der ein Auge darauf hätte werfen können. Letztendlich ist es verwunderlich, dass bis auf ein Kind alle überlebt haben und sie nicht in Zuchthäuser oder in ein KZ gesteckt wurden, um sie zu ermorden. Diese Geschichte zog sich wie ein roter Faden durch das Leben meiner Mutter und unserer Familie. Aber immer wurde darüber geschwiegen. Auch ich tue mich nicht wirklich leicht damit, darüber zu schreiben.“ Wir wissen heute aus der Traumforschung von Holocaust-Nachkommen, dass diese seelischen Verletzungen langfristige Auswirkungen haben. Es geht darum, dass das Leid anerkannt wird. Lang genug sind die Familien stigmatisiert worden. Das führte auch dazu, dass in den Familien nicht darüber gesprochen wurde. Viele Opfer liegen auf dem Ludwigsburger Alten Friedhof zwischen anderen, bei Kampfhandlungen getöteten Soldaten begraben. Die Gräber zeigen keinen Unterschied. Die Namen der hingerichteten Deserteure stehen zum Teil an den Kriegerdenkmälern der Heimatorte. Manche Nachkommen wissen deshalb gar nicht, dass ihre Väter, Großväter oder Onkel erschossen wurden, weil sie bei diesem mörderischen und verbrecherischen Krieg nicht mehr mitmachen konnten oder wollten. In der Debatte im Bundestag 2009 zitierte der Abgeordnete Korte den früheren hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der wesentlich an der Verhaftung von Eichmann mitgewirkt hat: „Ein Unrechtsregime wie das Dritte Reich ist überhaupt nicht hochverratsfähig“. Die Abgeordnete Lambrecht sagte in der damaligen Debatte: Wir müssen den „Angehörigen im Rahmen unserer Möglichkeiten als Parlament heute ihre Würde zurückgeben.“ … „Die Menschen, die wegen Kriegsverrat verurteilt wurden, sind tot. Das ist richtig. Aber es gibt den Ausspruch von Bertolt Brecht, dass nur die wirklich tot sind, an die sich niemand erinnert.“Das wollen wir mit dem Mahn-Denk-Mal tun. Wenn heute eine Partei, dieses Unrechtsregime als „Vogelschiss“ bezeichnet, bei bis zu einem Fünftel der Bevölkerung auf Zustimmung stößt, ist es Zeit, nicht mehr zu schweigen. * Zur Verteidigung unserer Demokratie gehört, Verbrechen als solche zu bezeichnen. Die Mär von der „sauberen Wehrmacht“ im Gegensatz zur bösen SS ist schon lange widerlegt. Auf der Skulptur sind drei Pfeile stellvertretend für die 17 belgische Widerstandskämpfer • Jules Colle, 33 Jahe alt aus Waterloo • Pierre van Dinter, fast 50 Jahre alt aus Maaseik • Octave Mondo, posthum in Yad Vasem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt aus Brüssel, 47 Jahre alt Der belgische Widerstand war in viele separate Organisationen aufgeteilt, je nach Regionen und politischen Positionen. Während der deutschen Besatzung fanden sie nie zu einer einheitlichen Organisation. Der Widerstand umfasste sowohl Männer als auch Frauen aus wallonischen und flämischen Teilen des Landes, allerdings gab es im wallonischen Teil mehr Widerstandsaktionen. Es wird geschätzt, dass während des Krieges ungefähr fünf Prozent der nationalen Bevölkerung an irgendeiner Form von Widerstandsaktivität beteiligt waren, während Schätzungen zufolge die Zahl der getöteten Widerstandsmitglieder auf über 19.000 geschätzt wurde, rund 25 Prozent seiner "aktiven" Mitglieder. Viele Belgier versteckten während der Besatzung auch Juden und politische Dissidenten: Schätzungen zufolge waren es rund 20.000 Menschen. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl wurden in Belgien mehr Juden gerettet als in irgendeinem anderen europäischen Land. Es gab auch erheblichen Widerstand auf niedrigem Niveau: So weigerte sich der Stadtrat von Brüssel im Juni 1941, Davidsterne-Abzeichen zu verteilen. Insgesamt wurden 1.612 Belgier vom Staat Israel als "Gerechte unter den Völkern" ausgezeichnet, weil sie ihr Leben riskierten, um Juden vor der Verfolgung während der Besatzung zu retten. Das ausgedehnteste Fluchtnetzwerk - später als Réseau Comète bezeichnet schleuste abgeschossene Piloten der Alliierten, aber auch verfolgte Juden aus dem Land. Viele der von den Fluchthelfern betreuten Soldaten wurden in Brüssel neu eingekleidet, mit falschen Ausweispapieren versorgt, und danach bis zu ihrer Abreise versteckt. Das Netzwerk hatte mehrere Routen aufgebaut, über welche dann die Flüchtlinge geleitet wurden. Viele Mitglieder des Netzwerkes wurden verraten; Hunderte wurden verhaftet, um nach Wochen von Verhören und Folterungen, hingerichtet oder zu Häftlingen gemäß Nacht-und-Nebel-Erlass erklärt zu werden. Diese Häftlinge wurden in deutsche Gefängnisse gebracht, später auch in Konzentrationslager wie etwa das KZ Ravensbrück für die Frauen, sowie Mauthausen-Gusen, Buchenwald, oder Flossenbürg. Schließlich sind es fünf Pfeile für die 25 französischen Widerstandskämpfer • André Kieffer aus Barenbach im Elsaß, 36 Jahre alt • Charles Lair aus Tulle (Corrèze-Gebiet), 31 Jahre alt • Eugène Mazillier aus Macon, 48 Jahre alt • Pierre Claude-Marie Chanliau, 21 Jahre und Pierre Jean-Marie Chanliau, 49 Jahre alt, Vater und Sohn aus St. Symphorien de Marmagne (Corrèze-Gebiet), • Armand Siffert, 34 Jahre alt aus Gebwiler im Elsaß Das Alliance-Netzwerk war eine Gruppe der französischen Résistance, die in Zusammenarbeit mit dem britischen Secret Intelligence Service im besetzten Frankreich Spionage betrieb. Haupttätigkeiten waren die Übermittlung von Nachrichten über Truppenbewegungen der Wehrmacht, über Fahrten von Versorgungsschiffen und U-Booten an die Alliierten. Mitglieder von Réseau Alliance stellten falsche Papiere her für politisch Verfolgte oder Juden zur Fluchthilfe oder zum Untertauchen in die Illegalität, halfen Gefährdeten über die Grenzen und unterstützten Familien von Verfolgten oder Inhaftierten. Zwischen 1940 und 1944 gehörten der Alliance bis zu 3000 Menschen an, von denen etwa 1000 Mitglieder durch die Gestapo und andere deutsche Dienststellen meist als sogenannte „Nacht-und-Nebel-Aktion“ verhaftet wurden. Mehr als 400 Mitglieder wurden hingerichtet. Dieser später so genannte Nacht-und-Nebel-Erlass war ein „Führererlass“ Adolf Hitlers vom 7. Dezember 1941. Danach wurden des Widerstands verdächtige Personen aus Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Norwegen nach Deutschland verschleppt und dort heimlich abgeurteilt oder bei erwiesener Unschuld in Haft behalten, ohne dass die Angehörigen irgendwelche Auskünfte erhielten. Ihr spurloses Verschwinden sollte der Abschreckung dienen. Wir feiern zurzeit die Gründung des Deutsch-Französischen-Instituts vor 75 Jahren als Zeichen der Aussöhnung und der europäischen Zusammenarbeit der ehemaligen „Erzfeinde“. Es ist an der Zeit, an die Barbarei gegenüber Menschen einer Nation zu gedenken und zu mahnen, deren Land überfallen wurde und die deshalb Widerstand leisteten. Die meisten französischen Widerstandskämpfer aus dem Corrèze-Gebiet waren Anfang März 1943 festgenommen und in Mal-Coiffée, einem deutschen Militärgefängnis in Moulins, interniert worden. Von dort kamen sie nach Fresnes. Die weiteren Stationen waren im Dezember 1943 Kehl und die Verurteilung durch das Sondergericht in Freiburg und schließlich Ludwigsburg, wo für allein 15 von ihnen im Schießtal am 23.Mai 1944 der Lebensweg endete. Die Namen aller Opfer und ihre Biographien haben wir auf der Projekt-Homepage verzeichnet. Der jeweilige Stand der Erforschung der Biographien wird dort laufend aktualisiert. Wir freuen uns, dass bereits viele Menschen unser Projekt unterstützen, das zeigen persönliche Rückmeldungen und Mails, aber auch die Spenden vieler Privatpersonen und Gewerbetreibende aus Ludwigsburg und Remseck. Erfreulich ist auch, dass die Gemeinderäte der Städte Ludwigsburg und Remseck das Projekt mit jeweils 10.000 Euro unterstützen. Auch wenn noch einige Tausend Euros fehlen, haben wir beschlossen, das Mahn-Denk-Mal Schießtal dieses Jahr zu realisieren. Aus heutiger Sicht wird es voraussichtlich Mitte/Ende November eingeweiht werden können. Wir sind zuversichtlich, bis dahin auch die noch notwendigen Spenden einsammeln zu können.
So sah die Ankündigung zur Rad-Info-Fahrt aus:
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