Historische Hintergründe

Mit den Hinrichtungen im Ludwigsburger Schießtal sollten weitere Zweifler abgeschreckt und zum Weiterkämpfen gezwungen werden. Widerstand in den besetzten Gebieten sollte unterdrückt werden.

Das Alter der in Ludwigsburg hingerichteten Soldaten bei ihrem Tod liegt zwischen 18 und 47 Jahren. 15 von ihnen sind unter 26 Jahre alt, davon fünf unter 20 Jahre.

Die Hinrichtungsdaten zeigen folgendes Bild: vier wurden 1942 vollzogen, zwei im Jahr 1943, 17 im Jahr 1944 und noch drei in den ersten Monaten 1945, die letzte, wie beschrieben, am 10. April 1945. Viele der erschossenen jungen Männer waren ledig, als eine gnadenlose Militärjustiz sie zum Tod verurteilte.

Viele Opfer liegen auf dem Ludwigsburger Alten Friedhof zwischen anderen, bei Kampfhandlungen getöteten Soldaten begraben. Die Gräber zeigen keinen Unterschied. Die Namen der hingerichteten Deserteure stehen an den Kriegerdenkmälern der Heimatorte. So ist es bei einem in Ludwigsburg hingerichteten Soldaten A. aus Gruorn bei Münsingen und bei dem aus Neckarweihingen stammenden Bäcker W.

Von den 25 hingerichteten französischen Widerstandskämpfern stammen 15 aus Resistance-Gruppen des Corrèze-Gebiets mit der Departement-Hauptstadt Tulle (zwischen Bordeaux und Clermont-Ferrand).* Von den 17 Widerstandskämpfern aus Belgien gehörten sieben jedenfalls zum international operierenden Fluchthilfenetzwerk Réseau Comète, das schon 1941 aktiv war und von Andrée de Jongh gegründet worden war. Einer dieser sieben ist Octave Mondo, der mit seiner Frau Suzanne in Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ verzeichnet ist. Sie hatten den Freund ihrer Tochter versteckt, der mit anderen versucht hatte, einen der 20 Transporte mit belgischen Juden in die KZs zu befreien. Seine Frau Suzanne wurde nach Ravensbrück deportiert und dort ermordet.

Die meisten Widerstandskämpfer wurden von Sondergerichten in anderen deutschen Städten (vor allem Sondergericht Freiburg bei französischen Widerstandskämpfern) zum Tode verurteilt und zum Vollzug der Todesstrafe nach Ludwigsburg gebracht. Bei zwei französischen Résistance-Kämpfern wurde ein Todesurteil vom kommandierenden General und Befehlshaber im Luftgau VII ausgesprochen, ebenso bei elf belgischen Widerstandskämpfern.

* Tulle ist – wie das 110 km entfernte Oradour – einer der Orte, an denen die SS-Panzerdivision „Das Reich“ Anfang Juni 1944 als Vergeltung für Widerstands-Aktionen viele Zivilisten ermordet hat. In Tulle wurden 1.000 Männer wahllos verhaftet. In mehreren „Sichtungsaktionen“ (wie an den Rampen in den KZs) und nach Verhandlungen der Vichy-Verwaltung mit der SS wurden schließlich 99 Männer ausgewählt und an Laternenmasten in Tulle aufgehängt. Weitere 300 wurden deportiert, wovon 101 auf dem Transport oder in den KZs umkamen. Zu diesem Zeitpunkt waren die 15 aus dem Corèze-Gebiet bereits in Ludwigsburg erschossen.

Der „Nacht- und Nebel-Erlass“

Dieser später so genannte Nacht-und-Nebel-Erlass war ein „Führererlass“ Adolf Hitlers vom 7. Dezember 1941. Danach wurden des Widerstands verdächtige Personen aus Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Norwegen nach Deutschland verschleppt und dort heimlich abgeurteilt oder bei erwiesener Unschuld in Haft behalten, ohne dass die Angehörigen irgendwelche Auskünfte erhielten. Ihr spurloses Verschwinden sollte der Abschreckung dienen. Bis zum 30. April 1944 wurden nachweislich 6.639 Menschen durch den Nacht-und-Nebel-Erlass an die allgemeine Justiz in Deutschland übergeben. Vermutlich gab es 340 Todesurteile. Außerdem gab es eine Dunkelziffer von „NN“-Häftlingen, die die Gestapo an der allgemeinen Justiz vorbei in „Schutzhaft“ hielt.



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